OECD/INFE-Befragung

Die International Survey on Adult Financial Literacy (ISAFL) des International Networks of Financial Education (INFE) der OECD ist die größte internationale Erhebung des Finanzbildungsniveaus von Bevölkerungen weltweit. Seit 2014/2015 wird diese repräsentative Umfrage im Intervall von vier Jahren in über 30 Ländern der Welt durchgeführt. Gemäß dem Finanzbildungsverständnis der OECD, testet der eigens entwickelte Fragebogen zum einen Finanzwissen, enthält aber auch Fragen zu Einstellungen sowie Handlungs- und Verhaltensweisen betreffend die persönlichen Finanzen. Außerdem wird über eine Vielzahl von Fragen das finanzielle Wohlbefinden der Befragten gemessen, um einen Einblick zu bekommen, wie gut Sie ihre Bedürfnisse befriedigen und Wünsche erfüllen können. Die dritte und jüngste Welle der Umfrage wurde im Jahr 2023 unternommen, wobei ein zusätzlicher Schwerpunkt auf Aspekte digitaler Finanzbildung gelegt wurde. Für Österreich wird die Erhebung von der OeNB durchgeführt, welche, über die Übermittlung der Daten an die OECD/INFE hinaus, Analysen und Untersuchungen vornimmt, um die Nationale Strategie für Finanzbildung in Österreich weiterzuentwickeln und über Finanzbildungsmaßnahmen zu informieren.

Finanzbildung (financial literacy) wird von der OECD als „Kombination von finanziellem Bewusstsein, Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen“ verstanden, welche „notwendig sind, um vernünftige finanzielle Entscheidungen zu treffen und letztlich finanzielles Wohlergehen zu erreichen“. Entsprechend dieser Definition unterscheidet die ISAFL drei Bereiche von Finanzbildung (financial literacy), nämlich finanzielles Wissen, finanzielle Einstellungen und finanzielle Verhaltensweisen. Für jeden Bereich wird ein eigener „Score“ berechnet, welcher das jeweilige Niveau widerspiegeln soll und die Ergebnisse so miteinander vergleichbar macht.

Das finanzielle Wissen wird über Aufgaben ermittelt, welche sowohl die Kenntnisse als auch die korrekte Anwendung fundamentaler ökonomischer Konzepte testet. Enthalten sind insgesamt sieben Fragen zu den Themen: Inflation, Kreditzinsen, Risiko und Ertrag, Zeitwert des Geldes, Risikodiversifizierung, sowie Zins- und Zinseszinsrechnung. Finanzielle Einstellungen werden über drei Fragen gemessen, welche im Wesentlichen darauf abstellen, ob man langfristige finanzielle Planung bzw. nachhaltiges Sparen gegenüber kurzfristigem Konsum bevorzugt. Das größte Gewicht mit insgesamt zehn Fragen erhält das finanzielle Verhalten. Hier machen Personen Angaben zu dazu, ob sie (1) sparen und langfristig planen, (2) ob sie Preise und Produkte vergleichen, und (3) den Überblick über ihre Ausgaben und finanziellen Verpflichtungen behalten. Alle diese Scores werden entsprechend ihres Gewichts zu einem Gesamtscore aufsummiert, welcher als Indikator für die Finanzbildung (financial literacy) fungiert.

Gemäß den Ergebnissen der im Jahr 2019/2020 durchgeführten Umfragen liegt Österreich mit einem Durchschnittswert von 14,4 aus 21 möglichen Punkten unter den besten drei aller teilnehmenden Länder. Auch wenn dies Grund zur Freude ist, erreicht die österreichische Bevölkerung mit knapp unter 70 % des maximal möglichen Scores in Bezug auf Finanzbildung nicht ihr volles Potenzial. Das gilt insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Umfrage nur sehr grundlegende Aspekte von Finanzbildung umfasst.

Über die Finanzbildung hinausgehend sammelt die Umfrage auch Informationen über das finanzielle Wohlbefinden sowie, damit zusammenhängend, über die finanzielle Vulnerabilität von Personen. Das Konzept des finanziellen Wohlbefindens umfasst dabei objektive Aspekte und subjektive Aspekte. Die objektiven Aspekte betreffen beispielsweise Fragen, ob das Einkommen zur Deckung der notwendigen Ausgaben ausreicht oder wie lange man diese notwendigen Ausgaben im Falle des Verlusts des Haupteinkommens noch decken könnte. Die subjektiven Aspekte hingegen betreffen auch vermehrt die Frage nach dem persönlichen Wünschen bzw. dem gewünschten Lebensstandard und deren Verhältnis zur eigenen finanziellen Situation. So umfasst finanzielles Wohlbefinden sowohl die Fähigkeit grundlegende Bedürfnis nachhaltig, also auch im Falle eines finanziellen Schocks, zu befriedigen, aber auch persönliche finanzielle Wünsche, welche stark vom sozialen Umfeld geprägt sind, zu erfüllen. Tatsächlich befand sich Österreich 2019/2020 auch beim finanziellen Wohlbefinden mit 56,9 % des maximal möglichen Wertes im absoluten Spitzenfeld aller teilnehmenden Länder.